Monatsspruch März

Liebe Gemeinde,
Der Heilige Geist wirkt auf geheimnisvollen Wegen – manchmal sogar durch Gremien. So kann es einem jedenfalls vorkommen angesichts der Mahnung, die der Monatsspruch für diesen März für uns bereit erhält.
Die ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen wählt schon immer drei Jahre im Voraus Jahreslosungen und Monatssprüche aus. Als sie das 2022 für dieses Frühjahr 2025 tat, konnte sie nicht ahnen, dass im Januar 2025 wieder Donald Trump als US-Präsident an die Macht kommen und sofort verschärfte Gesetze gegen Einwanderer erlassen würde. Und noch weniger konnte sie ahnen, dass im Februar diesen Jahres vorgezogene Bundestagwahlen stattfinden würden und im Wahlkampf in neuer Schärfe auch diskutiert wird: Wie gehen wir mit den Fremden in unserer Mitte um?
Wenn dieser Artikel erscheint, ist die Wahl vorbei, und ich weiß nun, beim Schreiben, noch nicht, was sie gebracht hat. Aber dieser Satz und seine Aktualität, die bleibt.
„Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.“ heißt es im 3. Buch Mose. Teil eines langen Kapitels voller Aufforderungen, in dem es ganz konkret darum geht: Wie kann man so leben, wie es Gott möchte? Ein sehr berühmter Satz steht in diesem Kapitel: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Aber dann geht es sehr handfest weiter: Dem Blinden soll man kein Hindernis in den Weg legen. Man soll nicht betrügen, nicht vor Gericht lügen, nicht jemand seinen Lohn vorenthalten. Alles Selbstverständlichkeiten eigentlich, um ein anständiger Mensch zu sein. Und eben auch das gehört dazu: Den Fremden, die Fremde nicht zu unterdrücken.
Dazu folgt noch eine Begründung, und die ist auch interessant: Ihr wisst doch selber, wie es war, und wenn nicht ihr, dann eure Eltern! Darum: „Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen“.
Hier wird nochmal wiederholt, was eigentlich selbstverständlich ist: Menschen sind würdig zu behandeln, als Gegenüber auf Augenhöhe. Das ist es, was eigentlich gemeint ist mit der Aufforderung, den Nächsten zu lieben: Nicht die großen, besonders warmen Gefühle – die zu erzwingen ja ohnehin nicht geht! – sondern zu sehen: Da ist ein Mensch wie ich. Mit gleicher Würde. Egal, wo jemand geboren ist. Nicht jemand, auf den ich herabsehen, den ich benutzen oder den ich gar herunterdrücken kann.
„Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.“ Dieser Satz ist nicht die Antwort auf alle politischen Herausforderungen, wenn es darum geht, eine Gesellschaft mit Menschen verschiedener Herkunft zu gestalten. Aber er ist eine Linie, hinter die wir als Christinnen und Christen nicht zurück können und dürfen. Menschen sind ernst zu nehmen und anständig zu behandeln, in ihren Bedürfnissen, ihren Fähigkeiten, ihrer Verantwortung!
Manche von uns wissen vielleicht tatsächlich aus eigener Erfahrung, wie sich das anfühlt, fremd zu sein oder als fremd wahrgenommen zu werden. Als weiße Mitteleuropäerin kenne ich das – trotz eines Auslandsjahres – nur in sehr abgeschwächter Form. Aber ich kann von den Erfahrungen anderer lernen, von dem, was sie mir erzählen. Wie schwer es war, nach dem zweiten Weltkrieg aus Schlesien heimatvertrieben neu anzufangen als Fremde in einem kleinen Dorf. Warum die Freundin aus Südamerika nicht gerne allein mit der Bahn in Brandenburg unterwegs ist. Wie es ist, hier zu sein, und trotzdem besorgt die Nachrichten aus der Ukraine zu verfolgen, aus Syrien, weil ich die Orte kenne, die dort zerstört werden. Und selbst, wenn sich das gerade nicht ergibt, kann ich immer noch auf die Bibel hören, die voll ist von Fluchterfahrungen und davon, fremd zu sein. Die darum auch den folgenden Satz festgehalten hat: „Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.“ Man soll ihn achten wie jeden anderen Nächsten, wie sich selbst. Dahinter können wir als Christinnen und Christen nicht zurück. Und dafür einzustehen, ist uns aufgetragen.
Ihre Pfn. Thora Weintz