Monatsspruch März
Liebe Gemeinde,
das Entsetzen über so einige Dinge, die in unserer Welt passiert sind und passieren, ist groß in letzter Zeit. Ich denke, ich muss hier nichts aufzählen. Jede und jeder hat seine eigenen Erinnerungen an bestimmte Ereignisse, die Entsetzen hervorgerufen haben – selbst erlebt oder auch in den Nachrichten gehört oder gelesen oder im Fernsehen gesehen.
Und Entsetzen ist mehr als ein Erschrecken und sich wundern. Bestürzung, Angst, Fassungslosigkeit, Grauen und Panik sind Begriffe, die mir dazu einfallen. Wenn ich nun das Wort Entsetzen im Zusammenhang der Ostergeschichte aus dem Markusevangelium, aus der unser Monatsspruch stammt, höre, dann sehe ich sie vor mir – die drei Frauen, die zum Grab gelaufen waren, um Jesu Leichnam einzubalsamieren. Da stehen sie nun mit weit aufgerissenen Augen und Mündern. Vielleicht haben sie vor Schreck geschrien oder auch nur angstvoll getuschelt: „Wo ist unser Jesus geblieben? Was ist hier passiert?“ Sie stehen wie angewurzelt vor dem offenen Grab, wagen scheu einen Blick in das Grab. Ich spüre das mulmige Gefühl in ihren Mägen und die zitternden Knie angesichts des leeren Grabes. Was sollen sie jetzt tun? Fassungslos stehen sie da und erstarrt. Nichts können sie jetzt mehr tun für Jesus, denn er ist weg. Das Grab ist leer. Der Engel will sie herausrufen aus ihrer Ratlosigkeit, ihrer Betroffenheit und Angst: „Entsetzt euch nicht“, sagt er, „Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ Ich frage mich, ob die drei zu Tode erschrockenen Frauen den Engel überhaupt hören konnten oder ob die Panik sie nicht viel schneller ergriff, denn beim Evangelisten Markus endet die Ostergeschichte ja mit den Worten: „Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.“ Aber irgendwie muss es ja dann doch noch anders gewesen sein, vielleicht ein paar Momente später, denn die Botschaft der Auferstehung erreichte alsbald die Jünger Jesu und auch viele andere Menschen. Die Frauen müssen also die Worte des Engels am leeren Grab noch wahrgenommen haben. Sie haben sich herausrufen lassen aus Erstarrung und Entsetzen, haben nach dem anfänglichen Erschrecken die freudige Botschaft von der Auferstehung Jesu weitergesagt.
Leider nehmen nicht alle Ereignisse in unserer Welt solch eine baldige positive Wendung. Wichtig aber ist und bleibt, dass auch wir uns aus unserem Entsetzen, aus Fassungslosigkeit und Erstarrung herausrufen lassen, damit wir nicht stumm bleiben
oder einfach nur weglaufen oder die Augen verschließen vor den Dingen, die unser Entsetzen hervorrufen.
Vor uns liegen im Monat März zunächst Wochen der Passionszeit, in denen wir das Leiden und Sterben Jesu bedenken und dabei oft auch entsetzt sind über die Grausamkeit. Erst ganz am Ende des Monats dann können wir das Osterfest feiern – Jesus ist nicht tot, er ist auferstanden! Doch wünsche ich uns allen auch schon für die Wochen vor dem Osterfest im Sinne des Monatsspruchs hier und da einen Engel, der uns herausruft aus Entsetzen und Erstarrung, der uns in Bewegung bringt und uns gute Wege aufzeigt, damit nicht Entsetzen und Fassungslosigkeit unser Leben bestimmen, sondern Hoffnung und immer wieder neuer Mut. Und weiter wünsche ich uns, dass wir auch einander zu Engeln werden, indem wir einander herausrufen aus Situationen der Resignation und einander mitnehmen auf Wegen des Aufbruchs und Neubeginns.
Ihre Pfn. Dagmar Heine