Liebe Gemeinde, 
den Sommer verbringe ich am liebsten in der Natur. Das ganze Jahr über sitze ich am Schreibtisch, vor meinem Computer oder im Auto. Im Sommer ist für mich Zeit nachzuholen, was ich das Jahr über so oft versäume: Draußen zu sein und mich eins zu fühlen mit der Natur.

Einmal war ich in einem Naturschutzgebiet paddeln. Es war ein schöner Sommertag, die Sonne stand schon tief und ich ging baden. Ich schwamm der Sonne entgegen und hörte das Schilf rauschen. Ein leichter Wind strich mir durch die Haare. Am Ufer schwamm eine Entenfamilie und quakte vergnügt vor sich hin. Die Bilder und die Gefühle dieses Momentes haben sich bis heute tief in mir eingeprägt. Ich war ehrfürchtiger Zeuge von unbeschreiblicher Schönheit! Ich konnte gar nicht anders, als Gott zu danken, diesen Moment der Schönheit seiner Schöpfung erleben zu dürfen. „Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung!“ Halleluja!

Ort- und Zeitwechsel: Vor kurzem sah ich die Nachrichtenberichte aus Frankfurt (Oder), die zeigten, wie unzählige tote Fische an der Wasseroberfläche trieben. Der Anblick dieser verendeten Tiere tat mir in der Seele weh. Eine Umweltkatastrophe mit „multikausalen" Ursachen, so heißt es, geschah in der Oder. Noch ist nicht klar, ob Salze oder Pestizide Auslöser für die Katastrophe sind. Der Verursacher dieser ökologischen Katastrophe ist bereits gefunden: Der Mensch, die „Krone der Schöpfung“, die sich wieder einmal diesem Ehrentitel unwürdig erweist. Ich schäme mich. „Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.“ Die Bilder der Umweltkatastrophe vor Augen frage ich mich: Was, wenn der Mensch Gottes Wege verlässt, so wie hier? Wenn der Mensch seine eigenen Wege geht und ohne Rücksicht auf seine Mitgeschöpfe lebt?

Der Monatsspruch Oktober weist uns an unseren Platz in Gottes Schöpfung. Nicht wir Menschen, sondern Gott allein ist der Herr der Schöpfung. In der Schöpfungserzählung der Bibel wird erzählt, wie Gott den Menschen als sein Ebenbild schuf und ihn beauftragte, sich die Erde untertan zu machen und zu beherrschen (Gen 1,27-28). Damit vertraut Gott dem Menschen die Erde an. Das heißt nicht, dass wir Menschen zum Raubbau an der Erde berufen sind. Gott zeigt uns Menschen in der Bibel vielmehr Wege auf, wie wir im Einklang mit der gesamten Schöpfung leben können: in Dankbarkeit und Demut.

Ich lade Sie ein, mit dem Monatsspruch aus dem Buch der Offenbarung in den Oktober zu gehen. Ein Spruch, der uns ein Leben in Dank und Demut vor Augen führt. Immer dann, wenn Sie im kommenden Monat einen Moment atemberaubender Schönheit erleben - beim Spaziergang durch bunte Wälder oder im Angesicht der Oktobersonne - immer dann wünsche ich Ihnen, dass Sie sich an den Monatsspruch erinnern: als Ausdruck des Dankes für diesen Moment und zum Lob für Gottes wunderbare Schöpfung.

Ihr Vikar Moritz Kulenkampff