Monatsspruch Februar

Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.

Liebe Gemeinde, 
das Leben bietet eine Menge Aufreger. Nicht erst in den letzten zwei Jahren.

Und je nachdem, wie wir Menschen so drauf sind, entwickelt manch eine Zeitgenossin, mancher Zeitgenosse daraus eine Wesensregung, mit der es ganz schwer ist, umzugehen:

den Zorn.

Aber was ist das eigentlich – Zorn?

Wenn man sich die Wortgeschichte des Begriffs anschaut, entdeckt man schnell den Wesenszug, der offenbar für Paulus grundlegend für seine Mahnung, für seinen weisen Rat ist.

Denn dem Zorn wohnt die bittere, grausame Kraft der Spaltung inne, die am einzelnen Menschen und an seinen Beziehungen zu anderen Menschen zerrt und reißt.

Offenbar wirkte diese Kraft auch in der Gemeinde Ephesus auf diese destruktive Art und Weise. Natürlich kennt Paulus diese Kraft auch in sich selbst, als er noch Saulus war, der mit zornigem Eifer die Christengemeinden verfolgte, bis ihn Gott selbst eines Besseren belehrte.  Und er kennt von sich selbst, wie der Zorn zur Seele der Seele wird, der den Menschen so beherrscht, dass der Mensch blind wird für die Wahrheit und die Würde des anderen Menschen, der anderen Meinung. Dann tritt der andere Mensch als wahrhaftiger Mensch, als Gegenüber, dem Wert und Würde gebührt, zurück. Dann werden Worte und Taten möglich, die einem Menschen unwürdig sind. Für Paulus ist klar, dass das im Angesicht Gottes, als Teil der Gemeinde Jesu Christi nicht sein darf, auch wenn es immer wieder geschieht. Um so wichtiger ist ihm, dem Zorn eine Grenze zu setzen, eine Grenze, die sich nicht verrücken lässt. Der Gang der Sonne ist von uns Menschen nicht zu beeinflussen – sie soll dem Zorn eine Grenze setzen: Paulus ist da ziemlich modern und er entpuppt sich als einer, der seine Augen und Ohren offen hat, findet sich doch bei seinem philosophischen Zeitgenossen Plutarch eine ähnliche Aufforderung, dass man sich noch vor dem Sonnenuntergang wieder die Hand reichen möge, wenn man sich am Tage in philosophischem Streit zu zornigen Schmähungen hat hinreißen lassen. Nicht zuletzt, weil die Nacht als Wirkkreis des Teufels diesem keine Chance zum Zugriff auf den Menschen geben möge, wie Paulus  einen Vers später schreibt.

Insofern möchte ich den Spruch für den Monat Februar als Leitspruch für den Alltag allen ganz warm ans Herz legen. Man muss kein Hellseher sein, dass die sich immer weiter entwickelnde Pandemie, die weiter andauernden notwendigen Beschränkungen und der Streit darüber unseren Alltag in diesem Monat, wenn schon nicht bestimmen, so doch beeinflussen werden.

Und vielleicht hilft uns dann ein Blick auf dieses weise Wort des Paulus - nach immer wieder berechtigtem Ringen um Für und Wider, um Richtig oder Falsch von Maßnahmen und Regeln, Geboten oder Verboten - das Miteinander in unserer Gemeinde und der ganzen Gesellschaft so zu gestalten, dem Zorn eine Grenze zu setzen. Jeden Tag, jeden Abend aufs Neue.

Weil wir wissen, dass Zorn eben kein guter Berater ist, gemeinsam Wege aus krisenhaften Zeiten zu finden und eine gute und gemeinsame Zukunft zu gestalten. Das heißt nicht, für Alles und Alle gleichermaßen offen zu sein, Lüge muss auch als solche benannt werden, Unrecht auch Unrecht heißen, doch muss das so geschehen, dass die Möglichkeit zum weiteren Miteinander bestehen bleibt.

Auch wenn das ein anstrengender Weg ist, sollte das doch gelingen in einer abendländischen Gesellschaft, die ihren Ursprung in der Versöhnung hat und von Vergebung lebt, wie sie Gott in seinem Sohn uns angeboten hat.

Bleiben Sie behütet – bleiben Sie gesund

Pfr. Roland Wieloch