Monatsspruch Dezember

Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dier wohnen., spricht der Herr.

Liebe Gemeinde, 
was für ein schöner Vers, der uns da durch diesen Monat und damit durch die Advents- und Weihnachtszeit geleiten soll!

Aber ich habe gerade große Schwierigkeiten, dieser Aufforderung zur Fröhlichkeit zu folgen. Die Umstände, unter denen wir diese Advents- und Weihnachtszeit erleben, lassen wenig Freude aufkommen. Hatten wir doch gehofft, wir hätten die Pandemie nun im Griff und könnten uns wieder freier bewegen als im letzten Winter. Ja, eigentlich wollten wir doch in diesem Jahr endlich wieder Advent und Weihnachten feiern, wie wir es gewohnt sind, und wie es – gefühlt - immer war: mit großen vollen Weihnachtsmärkten, mit ausgelassenen Weihnachtsfeiern in Betrieben, Schulen und Gemeinden, mit vielen Gelegenheiten zum ausgiebigen Singen der schönen Lieder für diese Zeit und mit vollen Kirchen. Dass aber dieses Weihnachten nicht so werden würde, wie wir es uns wünschten, wurde schon früh im Herbst deutlich. Dennoch hatten wir gehofft, dass mehr möglich wird als im letzten Jahr. Doch vieles steht nun wieder infrage, ja ist, wenn Sie dies lesen, wahrscheinlich längst abgesagt und unvorstellbar geworden. Die Pandemie hat uns ein zweites Weihnachtsfest im Griff mit vielen Erkrankungen, mit vielen Sterbenden und mit der Angst, die davon ausgeht. Grund zur Freude und zum Fröhlichsein ist das alles nicht.

Deswegen will ich genauer auf die Umstände schauen, unter denen der Prophet Sacharja seine Aufforderung zur Freude schreibt:

Jerusalem, zärtlich angeredet als Tochter Zion, soll aufgemuntert und getröstet werden, ja, sie soll jubeln vor Freude. Aber überall sind nur Ruinen und tote Fensterhöhlen. Der Staub der Trümmer liegt noch in der Luft. Der Tempel, Heiligtum Gottes, bietet einen trostlosen Anblick. Mit großen Hoffnungen sind die Menschen aus dem Exil in Babylon zurückgekehrt und stehen nun vor den Trümmern ihrer geliebten Stadt Jerusalem. Die Aufbauarbeiten gehen nur mühsam voran. Es braucht viel Phantasie, sich vorzustellen, dass diese Stadt wieder aufblühen und zu ihrem früheren Glanz zurückfinden könnte. Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit wollen sich breitmachen.

Da predigt Sacharja den Menschen von einer neuen blühenden Stadt Jerusalem, in der Gott selbst bei den Menschen wohnen wird. Es sind Bilder bei denen Hoffnung, Mut und neue Freude aufkommen.

Wenn ich das bedenke – den Mut, die Hoffnung und die Freude, die Sacharja verbreitet angesichts der zerstörten und trostlos wirkenden Stadt Jerusalem, dann fällt mir ein Satz wieder ein, den ich in der ersten Zeit der Pandemie insbesondere von vielen älteren Menschen oft gehört habe: ‚Krieg ist schlimmer‘.

Ja, Krieg ist schlimmer. Auch wenn wir gehofft hatten, schneller durch diese Pandemie zu kommen und das Virus eher zu besiegen: Die meisten von uns haben ein Dach über dem Kopf, eine warme Wohnung, fließendes Wasser und genug zum Essen. Das allein macht zwar nicht glücklich, aber wir haben Lebensvoraussetzungen, wie sie die Menschen zur Zeit Sacharjas längst nicht hatten. Und wir haben viele Möglichkeiten, unter diesen Voraussetzungen, die Advents- und Weihnachtszeit zu genießen und den Dezember zu einem Freudenmonat zu machen, auch wenn manche Dinge derzeit anders gehen müssen als gewohnt und ersehnt. Denn die größte Freude kommt nicht durch Weihnachtsfeiern in großer Runde und volle Kirchen, sondern daher, dass Gott zu uns kommt und bei uns wohnen will. Mögen Sie dies auch in dieser Advents- und Weihnachtszeit spüren und erleben. Achten Sie auch auf die kleinen, zaghaften Zeichen. Mögen dann Freude und Fröhlichkeit Ihren Alltag und die Feiertage bestimmen. Das wünsche ich Ihnen von Herzen.

Ihre Pfarrerin Dagmar Heine