Monatsspruch November

Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus.

Liebe Gemeinde,
wenn ich den Monat November mit seinen schweren Gedenktagen malen könnte, würde ich die Farben Schwarz und Rot wählen. Schwarz für Trauer, Klage und Leid. Rot für Blut und Feuer. Mit einem dicken Pinsel würde ich die beiden Farben übereinander, ineinander und durcheinander malen. Eine brennende Synagoge wäre zu sehen und in einer Pfütze läge eine zerfetzte Bibel (9. November - Reichspogromnacht). Auch ein großes Feld mit unendlich vielen Kreuzen und zerbrochenem Kriegsgerät würde ich malen. Dazwischen betende Menschen aus vielen Nationen - vor Gräbern knieend (14. November – Volktrauertag). Schließlich wäre noch ein tiefgründiger See voller Trauer zu sehen (21. November – Totensonntag). Ja, der November hat es in sich. Es mangelt ihm an Licht und er erinnert uns daran, dass die Welt kein friedlicher Ort ist.

Wenn ich den Monat November malen könnte, ich würde weiter mit Schwarz und Rot arbeiten, denn die Finsternis ergreift immer wieder viele Menschen und lässt noch mehr von ihnen leiden. Ich mag nicht an die Hölle glauben, sie scheint leer zu sein. Denn alle sind hier. Auf dieser Welt versiegen die Tränen nicht.

Aber dann, wenn die schwarze und rote Farbe aufgebraucht ist, würde ich einen feinen Pinsel nehmen. Den tupfte ich vorsichtig mit der Spitze in ein wenig Gold. Ganz schwach nur, aber unverkennbar entstünde über allem eine Gestalt, die in dieses Durcheinander hineinschreit. Eine Gestalt aus einer anderen Welt, die sich in unserer Welt kreuzigen lässt. Sein Schrei wird unser Schrei, sein Blut wird unser Blut, seine Klage bündelt die millionenfache Klage vor dem, der dieser Geschichte ein Ende setzen will.

Schließlich würde ich einen kräftigen Pinsel tief in die goldene Farbe tunken und über den oberen Rand des Bildes ziehen. Denn uns gilt die Zusage Jesu: Ich war tot und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

November, ein düsterer Monat, angefüllt mit düsteren Daten und langen Nächten. Aber am letzten Sonntag dieses Monats singt die Gemeinde auf allen Kontinenten das frohe Lied der Erwartung. Erster Advent: Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer (Sacharja 9,9).

In dieser Erwartung brennt dann die erste Kerze am Adventskranz mit der Bitte, dass sich die Verheißung des Profeten erfülle. Nach der langen, dunklen Zeit kommt nun von Gott her das Leben in Bewegung. Wir dürfen diese Bewegung annehmen als Geschenk. Gottes Advent will mitten in unser Leben einbrechen. Wir werden ermutigt, unsere Herzen darauf auszurichten, uns nicht durchhängen zu lassen in traurigen und leidvollen Zeiten. Wir sind in den zukünftigen Sieg Christi hineingenommen, denn wir haben unsere Herzen, Hoffnungen und Erwartungen vertrauensvoll auf ihn gerichtet. Nicht umsonst haben wir das getan. Die Nacht wird vergangen sein, nichts soll mehr an Vergänglichkeit und Tod erinnern. Der dunkle November mit seinen schweren Gedenktagen hat nicht das letzte Wort.

Ein Bild in Schwarz, in Rot und schließlich in Gold. Bleiben Sie gesund, bleiben Sie behütet
Ihr Pfr. Veit Hoffmann