Monatsspruch Juli

Gott ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.

Liebe Gemeinde,
eine der berühmtesten und kürzesten Predigten in der Geschichte der Christenheit. Ort: Athen, Prediger: Paulus. Sein Ghostwriter ist Lukas, der die Szene in seiner Apostelgeschichte beschreibt.

Gott ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.

Worum geht es? Der Hintergrund: Athen, das ist ein klangvoller Name. Bis heute beeindrucken die Bauten auf der Akropolis. Paulus kommt in diese Stadt, in der das Angebot an Kultur, Philosophie und Religionen groß ist. Er muss dort auf seine Mitreisenden warten und nutzt die Zeit für einen Stadtbummel. Er stößt auf eine Vielzahl von Statuen, die Götter und Göttinnen, aber auch Personen aus der Geschichte der Stadt und andere geehrte Menschen darstellen. Götterverehrung und eigene Selbstdarstellung stehen nebeneinander und gehen nicht selten ineinander über. Diese religiöse Vielfalt, dieser undurchdringliche Mix aus Selbstdarstellung und Religion lässt ihn ergrimmen, wie es heißt. Er sieht die religiöse Buntheit, die Fülle der nebeneinander aufgereihten Weltanschauungen, in der alles mehr oder weniger gleich gültig daherkommt.

Das spricht mich unmittelbar an. Denn was erleben wir heute? Über dem christlichen Abendland und dem Land der Reformation wölbt sich kein einheitlicher Sinnhorizont. Wir können nicht nur zwischen unterschiedlichen Lebensentwürfen wählen, sondern wir müssen es! Die schier unendliche Fülle der Ratgeberliteratur profitiert von dieser Situation. Manchmal sprechen schon die Titel Bände: „Simplify your life“ – „Vereinfache dein Leben!“, das klingt wie die Verheißung einer lebensförderlichen Schneise durch den unübersichtlichen Dschungel der unzähligen Möglichkeiten. Auf religiösem Gebiet begegnet mir oft eine Art „Patchwork-Religiosität“. Aus verschiedenen Elementen zusammengebastelt, woran das Herz eben so hängt. Möglichst exotisch soll es sein.

Paulus ist entsetzt über diese Patchwork- Religiosität und muß deshalb auf dem Areopag Rede und Antwort stehen. Der Areopag ist ein Hügel oberhalb des Marktes. Hier wurde in römischer Zeit über wichtige Belange der Stadt entschieden. Er wird verhört, denn es entstehen Zweifel, ob korrekt ist, was er vorträgt. Statt auf Konfrontation setzt er allerdings auf Anknüpfung. Ins Zentrum rückt er die Inschrift eines Altars, auf den er bei seinem Rundgang durch die Stadt gestoßen ist. Dieser Altar ist einem „unbekannten Gott“ geweiht. Vermutlich so eine Art Rückversicherung in religiösen Fragen. Es konnte ja nicht schaden, neben den Altären für die Götter auch einen Altar zu haben, der im Zweifelsfalle verhinderte, das man eine Gottheit übersah.

Um es abzukürzen: Großen Eindruck hinterließ Paulus nicht. Zwei Leute schließen sich ihm an: Dionysius und eine Frau mit Namen Damaris. Keine Gemeinde ist in Athen entstanden. Ist die Stadt ein „zu harter Boden“ für das ausgesäte Wort Gottes? Vereinnahmt der Markt der Angebote das Evangelium als eine Botschaft unter vielen?

Die Erzählung von der Missionsreise des Apostels Paulus ist auch hier wieder ganz nah bei unseren Erfahrungen: Dass die Saat des Wortes Gottes aufgeht, ist die Hoffnung, die uns bei der Verkündigung des Evangeliums leitet. Aber wir wissen, dass die Umkehr der Herzen letztlich Gottes eigene Sache ist. Das kann uns vor Entmutigung bewahren. Unsere Aufgabe ist es nicht, nachzuzählen, wie viele Menschen das Wort Gottes erreicht hat. Unsere Aufgabe ist es, uns mit Paulus getrost auf den Markt der religiösen Angebote zu begeben und dort für das einzustehen, was uns selbst als befreiende Wahrheit widerfahren ist. Dazu werden wir ermutigt. Dass es gelingt, erhoffen wir von Gottes Geist.

Ich wünsche Ihnen einen gesegnete Ferienzeit

Ihr Pfarrer Veit Hoffmann.