Monatsspruch Dezember

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

Liebe Gemeinde,
unser Gemeindebrief hat immer einen Vorlauf, bis er digital oder gedruckt in Ihren Händen ist. Ich schreibe diese Zeilen am Martinstag, am 11. November. Und ich frage mich: wie wird es sein im Dezember? Wie wird diese Adventszeit werden? Eins ist mir deutlich: dieser Advent wird anders werden. Anders als letztes Jahr. Anders als die Jahre zuvor. Da wird es Dinge geben, die ich vermissen werde. Ob es die gebrannten Mandeln vom Weihnachtsmarkt sind? Das gemütliche Frühstück mit meiner besten Freundin zur Übergabe der Adventskalender, die wir uns basteln, wird ausfallen müssen. Da werden wohl Pakete hin und her gehen. Was werden Sie vermissen?

Ich merke: ich will nicht bei dem stehen bleiben, was nicht ist. Ich will nicht nur bedauern, was fehlt. Ja, dieser Dezember wird anders. Wie dieses Jahr anders war. Aber ich kann etwas daraus machen, aus diesem anderen Advent.

Seit Jahren schon begleitet mich der Adventskalender „Der andere Advent“. Texte und Bilder geben Impulse für die Zeit vom ersten Advent bis Epiphanias. Ich weiß von einigen Menschen aus unserer Gemeinde, dass sie diesen Adventskalender sehr schätzen, die ruhigen 10 bis 15 Minuten am Tag. Dieses Jahr muss nicht ich mir klarmachen, dass ich die Adventszeit anders gestalten will – weg von der Hektik voller Einkaufsstraßen und Konsum, auf der Suche nach Ruhe zwischen vielen Terminen und Weihnachtsfeiern. Dieses Jahr wird von außen vorgegeben, dass der Advent anders ist.

Ich habe mir vorgenommen, die Kleinigkeiten zu genießen und zu gestalten: ganz in Ruhe will ich meine Wohnung adventlich schmücken. Vielleicht klappt es dieses Jahr endlich mal, dass ich mit meiner Tochter eine Lebkuchenkrippe backe und baue. Das wäre schön. Und ich freue mich auf ruhige 10 Minuten mit einer Tasse warmen Tee in der Hand, mit Blick auf den Adventskranz und vor allem in Stille. Stille, in der ich Gott Raum geben kann. So will ich mich auf sein Kommen vorbereiten.

Was mir aber auch wichtig ist: mich nicht zurückzuziehen. Nicht nur etwas für mich zu tun. Nicht nur behaglich im warmen Wohnzimmer zu sitzen. Nein, das ist zu wenig.

Der Monatsspruch für Dezember weitet den Blick: Brich dem Hungrigen dein Brot und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus. Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

Es gibt so viele Menschen, die um ihre Existenz bangen. Die nicht wissen, wie es morgen weiter geht. Die sich nach einem Zuhause, nach einer Heimat sehnen, die ihre Arbeit verloren haben. Die Corona-Nachrichten verdrängen zu oft die Berichte über sie. Wir blicken auf die Infektionszahlen in Deutschland, in unseren Nachbarländern. Und übersehen die Hausangestellten, die in Lateinamerika keine Arbeit mehr haben. Wir hören zu wenig von den Flüchtlingen auf den griechischen Inseln.

In diesem anderen Advent kann ich mir vornehmen, die Ungerechtigkeiten in dieser Welt wahrzunehmen und sie auszuhalten. Vor allem: sie nicht zuzudecken mit Tannenduft und Bratapfel. Und mir dann die Frage zu stellen: wie kann ich helfen? Wo kann ich andere unterstützen, die es schlechter getroffen haben als ich?

Ja, dieser Advent wird anders. Es liegt an uns, etwas daraus zu machen.

Ihre Pfn. Juliane Göwecke