Monatsspruch Oktober

Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenns ihr wohlgeht, so gehts euch auch wohl.

Liebe Gemeinde,
Wann ist das hier endlich vorbei? Wann können wir endlich wieder unser normales Leben leben? Hoffentlich schon bald? So fragten und klagten einst die Israeliten – zur Zeit des Propheten Jeremia, vor mehr als 2500 Jahren. Sie sitzen mit dem König und seiner Mutter, einigen Ältesten, Priestern und Propheten, mit der Jerusalemer Führungsschicht und den Menschen, die zum Aufbau einer Stadt wichtig sind, der Stadtverwaltung, den Finanzfachleuten, Schmiedemeistern und Zimmerleuten, in der Fremde. Sie leben in Babylonien mitten unter ihren Feinden; besiegt und weggeführt, ohnmächtig und handlungsunfähig. Sie schauen zurück und trauern, und sie fragen sich: Wie lange noch? Wann ist das hier endlich vorbei?

Und das genau sind auch unsere Fragen. Wir sind zwar nicht in ein fremdes Land verschleppt und dort gefangen, aber seit einem halben Jahr hat sich unser Leben durch die Corona-Pandemie grundlegend verändert. Überall heißt es Abstand halten, hier und da auch Masken tragen, immer wieder Hände desinfizieren und nicht mal eben ins Gesicht fassen unterwegs. Nur kleine Gruppen können sich in großen Räumen in unserer Gemeinde treffen. Manche Gruppen treffen sich auch besser nur draußen. Gottesdienste feiern wir im Gemeindepark. Das alles fühlt sich oft schon sehr fremd an. Ja, es ist ein Leben unter uns bisher fremden Bedingungen. Und immer wieder fragen wir uns: Wie lange noch?

Gerade angesichts sinkender Temperaturen werden die Treffen draußen ungemütlicher. Da fällt es schwer, den Oktober zu genießen, weil wir auf unseren Herbstspaziergängen auch schon weiterdenken. Was soll denn erst im November und Dezember werden? Wann ist das hier endlich vorbei? So klagen auch wir heute.

Es gibt zwar immer wieder Versprechen, die Hoffnung auf baldige Lösungen machen – vielleicht doch bald ein Impfstoff, vielleicht doch neue Erkenntnisse, woraufhin wir wieder einige Vorsichtsmaßnahmen fallen lassen können. Aber die meisten dieser Versprechen stellen sich schnell als unbegründet heraus, sodass wir wohl noch eine ganze Weile mit diesem fremdartigen Leben vorliebnehmen müssen.

So ähnlich ging es auch den Israeliten damals in der Fremde in Babylonien.

Einige sagten zwar: „Ja, schon bald wird Gott euch aus dieser Situation herausführen.“ Jeremia aber macht keine falschen Versprechungen. Er sagt, was wahr ist und weh tut. Er macht deutlich: So schnell wird diese Situation nicht enden. Wer etwas anderes behauptet, der lügt. Er sagt: „Richtet euch ein, baut Häuser, legt Gärten an, bekommt Kinder, bringt euch ein mit euren Kompetenzen, hier in dieser Stadt. Es wird lange dauern, Jahre, Jahrzehnte, bis ihr nach Jerusalem zurückkehren dürft.“ Das ist nicht, was die Leute gern gehört hätten. Aber Jeremia will auch Hoffnung geben: Die Zeit in der Fremde soll keine verlorene Zeit sein. Gott ist die Situation nicht entglitten. Gott ist nicht besiegt. Gott will, dass wir leben und nicht abwartend auf Besserung unser Leben zubringen. Er will, dass wir auch in der Krise aktiv unser Leben gestalten. „Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen...“ Jeremia führt uns, damals wie heute, die guten Gedanken und Absichten Gottes vor Augen: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“

In Krisenzeiten geht der Blick oft zurück. Es gibt eine Sehnsucht nach der sogenannten guten alten Zeit. Oder der Blick geht weit nach vorn und es scheint, dass ein neues Engagement erst wieder möglich ist, wenn die schwierige Zeit vorüber ist. Das Leben aber geht nicht erst nach der Krise weiter. Und Jeremia will uns Hoffnung geben – hier und jetzt, auch unter schwierigen Bedingungen unser Leben mit Gottes Hilfe zum Wohle aller zu gestalten. „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn!“ so lautet die Aufgabe für uns hier und jetzt – und nicht erst, wenn die Krise vorbei ist. Es gilt, gerade jetzt unser Leben und auch unser Gemeindeleben zu gestalten zum Wohle aller – und sodass möglichst niemand dabei krank wird.

Fragen wir nicht länger: Wann ist das hier endlich vorbei? Wann können wir endlich wieder unser normales Leben leben?

Sondern lasst uns jetzt tun, was möglich ist.

Dazu gebe uns Gott jeden Tag Kraft und Mut.

So wünsche ich Ihnen einen hoffentlich „goldenen“ Oktober

Ihre Pfn. Dagmar Heine