Monatsspruch November

Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel  herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann

Liebe Gemeinde, 
in unserem Kirchenkreis Tempelhof–Schöneberg haben wir mit der „Rikscha voll Himmel“ im Monat September die Menschen in den Gemeinden und auf den Straßen unseres Kirchenkreises gefragt, wie sie sich den Himmel vorstellen. Wer wollte, konnte ein kurzes Video aufnehmen oder einen bunten Notizzettel mit seinem Bild vom Himmel beschreiben und an die Rikscha heften.*

Eine bunte Vielfalt von Bildern wurde hörbar und sichtbar. So vielfältig, wie wir Menschen es sind, sind auch die Bilder, die wir vom Himmel haben. Die schöne Erfahrung aus dieser Aktion: Wenn wir uns die Frage nach dem Himmel stellen, ist der Himmel gar nicht mehr unerreichbar weit weg, sondern mitten drin im Leben, im Fragen, Hoffen und Vertrauen auf Gottes Ewigkeit. Wenn der erste Himmel und die erste Erde, wenn das Leben, wie wir es kennen, auf dieser Erde vergeht, dann stehen wir nicht vor dem Nichts – so dürfen wir es hoffen, seitdem es das erste Mal Ostern wurde.

Vielen Bildern vom Himmel wohnt eine Sehnsucht nach Sicherheit, Beheimatung und Wohlergehen inne. Eine Sehnsucht, im Himmel bei Gott das hinter sich zu lassen, was einem im Leben auf dieser Erde das Leben immer unsicher gemacht hat. In manchem Bild steckt die Erwartung, dass sich im Himmel tief verborgene Wünsche erfüllen, die in der Realität des Erdenlebens unerreichbar erscheinen.

Die Bilder der Erwartung, die wir uns machen, sind wichtig – gerade in Zeiten wie dem Monat November, wenn sich das Kalenderjahr neigt, die Vergänglichkeit alles Lebendigen in der Natur handgreiflich in all den Blättern am Boden liegt. Wenn uns wieder bewusst wird, dass die Endlichkeit unseres Lebens das Beständigste allen Lebendigen ist.

Seitdem es Menschen gibt, die auf Gott und seine Fürsorge hoffen, sind die Bilder vom Himmel und vom Reich Gottes entstanden. Im Alten wie im Neuen Testament können wir sie finden. Und auch dort sind es oft Bilder der Sehnsucht und der Erfüllung unerfüllter Hoffnungen auf Erden.

So auch das Bild aus der Offenbarung des Johannes: Die heilige Stadt - das neue Jerusalem - kommt aus dem Himmel zu uns Menschen auf diese Erde hinunter, geschmückt, wie eine Braut.

Als diese Zeilen von Johannes geschrieben werden, liegt das irdische Jerusalem nach der Eroberung durch die Römer in Trümmern, die politische, religiöse und moralische Integrität des jüdischen Volkes lag am Boden. Johannes selbst ist verbannt, auf die Insel Patmos, und er ist bald 90 Jahre alt.

Vielleicht sind die Bilder seiner Erwartung deshalb so intensiv und so groß. Einen neuen Himmel und eine neue Erde sieht er, wenn der erste Himmel und die erste Erde vergangen sind. Einen neuen Himmel und eine neue Erde, ohne ein Meer, das in seiner Zeit als die Quelle allen Chaos‘ und aller Gefahr stand. Und dann kommt es herab, das neue Jerusalem, die heilige Stadt Gottes. Nicht als wiederaufgebaute, restaurierte Hülle, nicht als steingewordene Verklärung des Gewesenen, sondern als neue, ganz starke Verheißung Gottes der hoffnungsvollen Erfüllung seiner Güte in Raum und Zeit.

Geschmückt wie eine Braut kommt es herab aus dem Himmel uns entgegen. Dieses neue Jerusalem, von dem Paulus in Galater 4,26 sagt, dass es für uns wie unsere Mutter ist, die uns das unvergängliche und unerwartete Leben schenkt. An diesem Leben, so Paulus in Philipper 3,20 haben wir durch Jesus Anteil gewonnen, wie an einem Bürgerrecht, das niemand mehr in Frage stellen kann.

Darauf dürfen wir unser Leben im Hier und Jetzt bauen. Als Teil des neuen Himmels, der seit Jesus schon mitten unter uns angebrochen ist. Mitten unter uns in unserer alten Welt und unter dem alten Himmel, unter dem manchmal gerade im November so viel Sehnsucht nach Frieden, Sicherheit, Liebe und Geborgenheit unerfüllt bleibt.

Gott schenke auch Ihnen starke tragfähige Bilder seiner großen Verheißung.

Pfr. Roland Wieloch

*) Wer selbst die vielen Bilder vom Himmel sehen und hören möchte, kann sie sich hier beschreiben lassen: www.youtube.com/channel/UCJg7ye8AY1Q9MYi3aA-zI6Q/videos