Monatsspruch Juli

Ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung.

Liebe Gemeinde,
,W.W.J.D.? – diese Buchstaben habe ich auf einem Band am Handgelenk Jugendlicher gelesen. What would Jesus do? – diese Frage tragen Jugendliche mit sich, damit sie daran erinnert werden, dass Jesus, im Blick auf Gottes Liebe, gewohnte Antworten verlässt. Ich denke an die Sünderin, die zu Jesus kommt, weil ihr sündhaftes Leben aufgedeckt wurde. Jetzt soll sie mit dem Tod bestraft werden. Und Jesus fragt ihre Richter: „Wer von euch frei ist von Sünde, der werfe den ersten Stein.“

Was würde Jesus tun oder uns heute raten? Was würde er für den Frieden in Syrien, die Hungerkatastrophen in Ostafrika, den Terror in den wohlhabenden Industriestaaten tun? Was würde Jesus uns sagen in unserer Sorge vor der ungewissen Zukunft? Wie können wir Flüchtlinge integrieren? Wie können wir den Reichtum besser teilen, damit die Kluft zwischen Arm und Reich wieder überbrückbar wird? Was würde er zu unserem weitläufig überlieferten Vorbild von „Liebe“ sagen? Sind wirklich Familie, Heimat, Besitzstandswahrung und Machtstreben die entscheidenden Maßeinheiten zum Glücklich–Sein und Glücklich–Werden und damit für die Liebe?

Wieviel Einfühlungsvermögen, Vertrauen und Zeit brauche ich, damit ich zu anderen Menschen oder diese zu mir in eine lebendige Beziehung treten wollen?

Paulus und sein Weggefährte Timotheus schrieben an die neu gegründete Gemeinde in Philippi. Sie haben Sorge, dass diese junge Gemeinde den Grund ihrer Gemeinschaft verliert, weil sie anderen Interessen von einzelnen Wichtigtuern folgt. Und deshalb beten sie. Sie wissen, dass nur Gott selber die Kraft hat, mit seiner Liebe die Menschen in den ersehnten Frieden zu bringen. Und die beiden Apostel beten, dass die Liebe Gottes -tragender Grund von Gemeinschaft- erkannt wird und durch die Erfahrungen dieser gelebten Liebe der Grund dieser christlichen Gemeinschaft wieder fest wird.

Ich frage mich manchmal in unserer Kirchengemeinde, ob die Liebe Gottes tragender Grund dieser Gemeinschaft ist. Es gibt einfach so viele verschiedene Lieben. Oft versuchen wir, alle unsere Vorstellungen im Wort Liebe wiederzufinden und sind dann enttäuscht von den Liebesvorstellungen anderer.

Für Paulus und Timotheus ist klar, von welcher Liebe sie reden. Es ist die Liebe Gottes, die durch Jesus erkennbar und gelebt wurde und die in seiner Kraft durch die Auferstehung seines Sohnes, auch dem Tod die Macht genommen hat. Und so heißt es im 1. Johannesbrief im 4. Kapitel: „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen.“

Getragen von dieser Liebe Gottes dürfen wir Christen durch die Taufe leben. Eine Liebe, die sich gründet auf das Vertrauen zu Gott und seine unverbrüchliche Zusage an uns.

Liebe Gemeinde, es fällt uns heute schwer, die Liebe Gottes in seiner Abgrenzung zu anderen Liebesvorstellungen zu erkennen, wenn wir sie als die größte Liebe besingen: „Gottes Liebe ist so wunderbar…, so wunderbar groß. So groß, was kann größer sein…“

Doch jede Liebe wird erkennbar in der Sicht des Zusammenspiels von mir, meinem Nächsten (meinem Mitmenschen) und meinem Gott.

Steh ich im Mittelpunkt meiner Betrachtung? Bestimme ich, wen oder was ich lieben soll oder wer mich zu lieben hat? Ist mein Lieben von einem Kosten–Nutzen–Denken bestimmt oder der Bedingung, in gleichem Maße zurückgeliebt zu werden?

Jesus würde sagen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzem Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Willen. Und: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.“ (Basisbibel Lukas, 10,27).

Wenn ich Gott immer wieder neu entdecke, dann werde ich auch erfahren, wie er mich liebt. Und dann kann ich von dieser Liebe an meinen Mitmenschen abgeben. Und plötzlich erkenne ich mich in einer tragenden, harmonischen, friedvollen und gesegneten Gemeinschaft.  

Pfr. Markus Sehmsdorf