Monatsspruch Mai

Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt.

Liebe Gemeinde,

spüren Sie das auch? Das macht etwas mit mir, wenn die Tage wieder länger werden und die Sonnenstrahlen an Kraft gewinnen. Wenn alles um mich herum aus dem Winterschlaf erwacht und die Frühjahrsmüdigkeit abschüttelt. Nachdem ich mich schon über Märzbecher als Vorboten wärmerer Tage gefreut hatte, waren dann die gelben Narzissen auf dem Altar am Ostersonntag ein frohes Zeichen: Das Leben ist zurückgekehrt! Die Natur erwacht aufs Neue, und auch die Zeit der Passion ist nun zu Ende - Christus ist zurückgekehrt ins Leben. Er ist auferstanden, und mit ihm beginnt eine neue Zeit für uns Menschen und die gesamte, wunderbare Schöpfung.

„Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt“, lautet der Spruch so passend für diesen Wonnemonat Mai. Wenn alles um uns herum von der Sonne wachgekitzelt wird und im Aufbruch ist, dann lassen wir uns gerne anstecken von diesem Gefühl. Neue Aufgaben warten und was über den Winter geruht hat, will nun angegangen werden. Dazu braucht es Kraft, und zwar reichlich! Sicherlich für einiges mehr, für anderes weniger. Ebenso steht es mit der Überwindung, Ungeliebtes zu tun oder Unsicheres zu wagen. Da braucht es manchmal einen Anstoß, einen gutgemeinten Schubser in die richtige Richtung. Diese Energie, um loslegen zu können, gibt es im Frühling gratis und direkt von der Quelle aller guten Kräfte für uns bereitgestellt.

Wo aber jemand sich freut, dass ihm Kraft gegeben wird, da ist meist auch die andere Seite bekannt. Zeiten, in denen es an ihr fehlt oder sie in weite Ferne gerückt ist. So geht es wohl auch Paulus, der diese Zeilen in Gefangenschaft schreibt. Aus dem Gefängnis, in Fesseln liegend, schreibt er an die Gemeinde in Philippi. Dabei befindet er sich in ernster Lage; er wartet auf ein Urteil, dessen Ausgang er nicht absehen kann. Sogar mit seinem Ende muss er rechnen. In dieser Situation macht er sich Mut mit den Worten, die er an sich selber richtet: „Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt.“

Diese Kraft lässt ihn tatsächlich alle Facetten des menschlichen Lebens spüren. Ihm ist alles vertraut, so sagt er im Rückblick auf seine Zeit als Verkünder des Evangeliums; niedrig oder hoch sein, Mangel leiden oder Überfluss haben, satt sein oder hungrig (Phil 4, 10ff). Vor allem eines haben ihn diese Erfahrungen, dieses Auf und Ab gelehrt: alles vermag er durch seinen Gott. Immer und trotzdem. Ungeachtet der Umstände, in guten wie in schlechten Tagen, ist ihm nichts unmöglich. Nicht einmal im Gefängnis gefesselt auf sein Ende zu warten kann ihn davon abhalten, sich um die Glaubensbrüder in Philippi zu bemühen und ihnen Mut zu machen.

So nehme ich mir diesen Satz des Paulus gerne als Begleiter mit in den Mai. Um mir selbst und anderen Mut zu machen. Um für die nötige Kraft für meine Vorhaben zu bitten. Und zwar in dem Wissen, dass alles, was ich vermag, durch Ihn erst möglich wird. Und sei es auch nur, für die Maiglöckchen zu danken, die ich als nächstes beim Spazierengehen suchen werde.

Vikar Arne Warthöfer