Monatsspruch Juni

Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.

Liebe Leserin, Lieber Leser,
Segen – ist er Ihnen wichtig? Gibt es in Ihrem Leben vielleicht einen bestimmten Segen, der Ihnen besonders wichtig war oder ist? Als Pfarrerin segne ich oft. Im Juni werden das zum Beispiel Brautpaare sein, die in die Kirche kommen, um ihren gemeinsamen Lebensweg unter den Segen Gottes zu stellen. Vielen ist dieser Segen wichtig, denn sie wissen nicht, was das Leben für sie bereit hält. Auf der Schwelle in einen neuen Lebensabschnitt hinein wollen sie sich vergewissern, dass Gott für sie da sein wird, was auch immer das Leben für sie als Paar bereit hält. Sie gehen den gemeinsamen Weg nicht nur zu zweit, sie haben Gott an ihrer Seite. Das macht der Segen deutlich.

Immer wieder erzählen mir Menschen, dass ihnen der Segen am Ende eines Gottesdienstes wichtig ist. Auf dem Weg vom Gottesdienst wieder hinein in den Alltag und auch hinein in die neue Woche ist ihnen der Segen eine Kraftquelle. Auch wenn ich in unserer Gemeinde mit jüngeren Kindern zusammen bin, erlebe ich, wie die Kinder beim Segen ruhig werden und merken: das ist ein besonderer Moment.

An den vielen Orten in unserer Gemeinde spüre ich es immer wieder: der Segen ist oft ein ganz dichter Augenblick: beim Segen stehen wir Menschen vor Gott – so, wie wir sind. Wir brauchen uns vor Gott nicht zu verstellen oder zu verbiegen. Wir müssen nichts vorher leisten. Ohne Vorbehalte segnet uns Gott. Im Segen wird Gott selbst spürbar. Er spricht uns zu, für uns da zu sein.

„Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.“ Diesen Satz sagt Jakob, der mit dem Segen seine ganz eigene Geschichte hat. Als junger Mann hatte er seinen Vater ausgetrickst und den Segen empfangen, der seinem Bruder Esau zugestanden hätte. Dem Familienfrieden war das natürlich nicht zuträglich gewesen, Jakob war daraufhin in die Fremde gegangen. Viele Jahre später kehrt Jakob zurück, die Begegnung mit seinem Bruder steht bevor. In der Nacht, am Fluss Jabbok, kämpft Jakob mit einem Mann, bis zum Morgengrauen.

Es muss ein harter Kampf gewesen sein. Jakob lässt sich zwar nicht unterkriegen, wird aber doch an der Hüfte verletzt. Trotz allem: Jakob lässt seinen Gegner nicht gehen, hält ihn fest: „Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.“ Jakob ringt um den Segen, und er bekommt ihn. Er erhält auch einen neuen Namen. Und er erkennt: der Mann, mit dem er gerungen hat, ist Gott. Gott hat ihn gesegnet. So sehr der Segen ein Geschenk ist, es gibt eben auch Situationen, da ringen Menschen um den Segen. Da ist nicht erkennbar, dass Gott da ist. Oft erleben Menschen dies in Krisensituationen, bei Krankheiten, bei Verlusten. Gott scheint dann weit weg zu sein. Von Jakob lerne ich: um den Segen kann ich in schwierigen Situationen auch kämpfen. Am Segen kann ich festhalten, mit aller Kraft. Gott ist da, auch wenn es dunkle Nacht ist, auch wenn ich vor einer schwierigen Situation stehe, von der ich nicht weiß, ob ich ihr gewachsen bin. Gott ist da, wo ich ihn selbst nicht erkenne. Von Jakob lerne ich auch: Gott ist da, auch wenn ich Fehler gemacht habe, und ich mich diesen nun stellen muss. Auch wenn Gott weit weg zu sein scheint, er ist doch da. Jakob macht Mut, trotz allem an Gott festzuhalten und den Segen einzufordern.

Jakob begegnet am nächsten Morgen nach langen Jahren seinem Bruder Esau. Es kommt zur Versöhnung mit ihm, trotz allem, was vorgefallen ist. Ein Neuanfang wird möglich.

Auch da ist Gott an Jakobs Seite.

So ist Gott an unserer Seite, unser ganzes Leben lang. Er hält an uns fest. Und Jakob zeigt: wir selbst können am Segen Gottes festhalten.

Immer wieder gibt es die Momente, an denen der Segen Gottes spürbar wird: das kann ein Segen in der Kirche sein. Oder ein ganz anderes Ereignis lässt uns spüren: wir sind von Gott gesegnet.

In diesem Sinne: bleiben Sie behütet.

Ihre Pfarrerin Juliane Göwecke