Der Gottesdienst an Sonn- und Festtagen

Was selbstverständlich und allen vertraut ist, bedarf keiner Erörterung. Aber der Gottesdienst, das eigentliche Herzstück des christlichen Gemeindelebens, ist längst nicht mehr Sache der ganzen Gemeinde; das liturgische Geschehen ist nur noch wenigen Gemeindegliedern vertraut. Die selten oder zufällig Hereinkommenden finden sich nicht zurecht, sind verunsichert. Oft liegt der Konfirmandenunterricht schon zu weit zurück.

Gottes Handeln

„Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen (Matthäus 18,20)." Gottesdienst ist die Versammlung der Gemeinde im Vertrauen auf diese Verheißung Jesu. Dabei ist Gottesdienst primär Gottes Handeln an uns und erst in zweiter Linie Handeln der Gemeinde. Den Menschen wird zugesagt, worauf sie sich in Zeit und Ewigkeit verlassen können: dass sie „vor Gott gerecht werden aus Gnaden um Christi willen durch den Glauben." Dieser Zuspruch im Gottesdienst zeigt uns, wohin wir in Zeit und Ewigkeit gehören, und er macht uns innerlich stabil zum nüchternen, menschenfreundlichen Dienst im Alltag unserer Weit.

Der Sonntag

Seit den Anfängen kommt die christliche Gemeinde besonders am Sonntag zusammen, der seit 321 n. Chr. gesetzlicher Feiertag ist. Sie begeht an diesem Tag das Gedächtnis der Auferstehung ihres gekreuzigten Herrn Jesus Christus. Der sonntägliche Gottesdienst hat vor allen anderen Themen, die ihn im Laufe des Kirchenjahres mitprägen, diesen auf Karfreitag und Ostern bezogenen Charakter. Er bleibt auf die Wiederkunft des erhöhten Christus ausgerichtet.

Liturgie

Der Begriff „Liturgie„ wurde erst spät in den kirchlichen Sprachgebrauch übernommen. Liturgie ist ein Lehnwort aus der antiken Amtssprache, das dort ganz allgemein den öffentlichen Dienst für das Gemeinwesen und im besonderen den von Amts wegen vollzogenen Kultus bezeichnet. Im christlichen Bereich wird Liturgie in der orthodoxen Kirche als Synonym für Gottesdienst gebraucht. In der evangelischen und römisch-katholischen Kirche wird unter Liturgie in der Regel der festgelegte Ablauf eines Gottesdienstes verstanden; der Begriff wird dann gleichbedeutend mit Gottesdienstordnung.

Wortverkündigung, Sakrament, Gebet, Dankopfer erhalten durch die Liturgie ihre Grundstruktur.

Die anderen Dinge

Um den Gottesdienst zu einer Feier werden zu lassen, die diesen Namen verdient, kann seine Grundstruktur abgewandelt, vertieft, gestaltet werden durch Lieder, Musik, Haltungen und Gebärden (Knien oder Stehen beim Gebet, beim Hören der Schriftlesung), Zeichenhandlungen (Bekreuzigen), liturgische Gewänder, Altar und Kanzelverkleidungen (Paramente), Symbole, Bilder etc. Diese anderen Dinge nennt man Adiaphora (Mitteldinge); über sie kann in aller Freiheit, aber immer nur mit Rücksicht auf die Gewohnheiten der Gemeinde entschieden werden.

Verlust überlieferter Formen

Während der Zeit der Aufklärung sind im Protestantismus viele, auch noch nach der Reformation tradierte Gottesdienstelemente verloren gegangen. Luther bezog die Gemeinde wieder stärker in den Gottesdienst ein durch eine Vielzahl von Liturgen und Mitwirkenden: Lektor, Prediger, Kantor, eine Schola (einstimmiger Chor im Altarraum für die gregorianischen Gesänge), einen mehrstimmigen Kunstchor auf der Westempore. Trotz Luthers Bemühungen entwickelte sich der evangelische Gottesdienst auf eine handelnde Person, den Pfarrer, hin. In der Aufklärung wurde der Gottesdienst einseitig intellektuell bestimmt; er bekam pädagogisierenden Charakter. Der äußere Ausdruck dafür war der Talar (die Amtstracht des evangelischen Pfarrers), der die bis dahin gebräuchlichen liturgischen Gewänder hauptsächlich im deutschsprachigen Raum ablöste. Restaurative Bemühungen versuchen seither, die verloren gegangenen Gottesdienstelemente zurückzugewinnen.

Menschliche Wahrnehmung vollzieht sich mittels der fünf Sinne Hören, Sehen, Tasten, Schmecken und Riechen, wobei wir die meisten Dinge mit unseren Augen wahrnehmen. Ein Gottesdienst, der den Menschen ansprechen und in dem er sich ganz zum Ausdruck bringen soll, muss alle Sinnesbereiche erfassen und zu einer harmonischen Einheit verbinden.

Die Gottesdienstordnung

Die in einer langen Geschichte gewachsene Gottesdienstordnung ist ein Zeichen ökumenischer Gemeinschaft, da sie dem Gottesdienst der meisten christlichen Kirchen zugrunde liegt. In dem Gebrauch von Riten und Texten, die teilweise bis in die Anfangszeit des Christentums zurückreichen, kommt die Gemeinschaft mit der Kirche aller Zeiten zum Ausdruck.

Nach der Reformation haben sich zwei unterschiedlich geprägte Grundformen des Gottesdienstes entwickelt: Die eine Grundform hat an den Gottesdienst der lateinischen Kirche angeknüpft, der sich bis in die frühe Christenheit zurück verfolgen lässt; sie ist durch liturgische Wechselgesänge reich ausgestattet und schließt das Heilige Abendmahl ein. Diese Grundform wird auch ohne Abendmahlsfeier als Wortgottesdienst begangen. Die andere Grundform ist durch die Konzentration auf Predigt, Liedgesang und Gebet gekennzeichnet. Das Heilige Abendmahl kann hier einbezogen werden.

Weitere Formen sind Gottesdienste für bestimmte Gruppen (Kinder-, Jugend-, Familiengottesdienste), die dem erlebnis- und verständnismäßigen Horizont der Teilnehmer entsprechend gestaltet werden. Über diese Gottesdienste wurde in unserem Gemeindeblatt schon ausführlich berichtet.

Die zum 1. Advent 1999 in Geltung gesetzte Agende (Evangelisches Gottesdienstbuch) eröffnet neue Handlungsspielräume, hält aber auch an der überlieferten Grundstruktur des Gottesdienstes fest. So lesen wir in der Einführung unter anderem, dass „ein gewisses Maß Gemeinsamkeit in den Gottesdiensten um der Liebe willen notwendig geboten ist, damit die Gemeinschaft mit anderen Gemeinden innerhalb der eigenen Kirche und mit den anderen Kirchen gewahrt wird."

Die Grundstruktur

Jeder Gottesdienst wird nach einem gleich bleibenden Schema gefeiert, das schon im 2. Jh. n. Chr. entstanden ist und sich seitdem kaum verändert hat. Es enthält vier Schritte:

  • Wir sammeln uns und beten (hinführende Vorbereitung),
  • wir hören und antworten (Verkündigung und Bekenntnis),
  • wir danken und feiern (Heiliges Abendmahl),
  • wir werden gesegnet und lassen uns senden (Übergang in den Gottesdienst des Alltags).

Christoph Kuhnke, Pfarrer der Zinzendorf-Gemeinde in Tempelhof, erklärt in seinen Ausführungen zum Gottesdienst diese einzelnen Schritte so:

  1. Im ersten Teil stimmt sich die Gemeinde auf den Gottesdienst ein. Singend und betend, klagend und fragend kommt zur Sprache, was uns bewegt. Hoffnung und Ängste, Schuld und Lob werden in Worte gefasst, mit denen Gott angerufen wird.
  2. Der zweite Teil hat Dialogcharakter: Gott spricht zu uns durch die Worte der Bibel, die vorgelesen und in der Predigt erklärt und für unsere Zeit ausgelegt werden. Die Gemeinde beantwortet das Gehörte mit Liedern und dem gemeinsam gesprochenen Glaubensbekenntnis.
  3. Daran schließt sich im dritten Teil die Feier des Heiligen Abendmahls an: In Gebeten und Liedern dankt die Gemeinde Gott für seine Liebe, derer sie sich im gemeinsamen Essen von Brot und Trinken von Wein vergewissert.
  4. Zum Schluss wird die Gemeinde ausgesandt, um in Wort und Tat den Glauben an Gott zu bezeugen. Für diese Aufgabe wird sie gesegnet.

Diese vier Schritte entsprechen zugleich grundlegenden Fragen der menschlichen Existenz:

  • Wer bin ich?
  • Wonach soll ich mich richten?
  • Wer kommt mir nahe?
  • Wofür lebe ich?

Gottesdienst zu feiern bedeutet, sich diesen Fragen zu stellen und Antwort darauf zu suchen.

Nach dieser allgemeinen Betrachtung zum Thema sowie den Gedanken zur Grundstruktur des Gottesdienstes wenden wir uns nun den liturgischen Texten zu. Dabei wird auf das Grundgefüge (Ordinarium) der Sonn- und Festtagsgottesdienste eingegangen, nicht aber auf diejenigen Teile der Liturgie, die nach Kirchenjahr oder Anlass wechseln und jedem Gottesdienst seine besondere Prägung und Eigenart geben (Proprium). Diese Teile lassen sich besser in Einzelbeiträgen zum Kirchenjahr behandeln.

Unserer Beschreibung der einzelnen liturgischen Texte liegt eine Artikelserie mit dem Titel „Treffpunkt Gottesdienst" zugrunde. Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers, Herrn Christoph Kuhnke, Pfarrer der Zinzendorf-Gemeinde in Berlin-Tempelhof, hat die Gemeindebriefredaktion seine Ausführungen verwendet. Sie werden hier auszugsweise und etwas anders strukturiert wiedergegeben.

1. Wir sammeln uns und beten

Glockengeläut

Seit etwa 1000 Jahren läuten Glocken den Gottesdienst ein. Besteht das Geläut aus mehreren Glocken, läutet zunächst eine Glocke eine halbe und eine viertel Stunde vor dem Gottesdienst. Das ist das sogenannte Vorläuten, das daran erinnert: Nun ist es bald Zeit, zur Kirche zu gehen. Vor Beginn des Gottesdienstes folgt das Hauptgeläut mit drei Glocken. Später wird noch einmal geläutet, aber nur kurz; dann wird in der Kirche gerade das „Vaterunser' gebetet. Das Läuten an dieser Stelle will diejenigen, die zuhause geblieben sind, auffordern, jetzt still mitzubeten.

Musik zum Eingang

Der Gottesdienst wird durch Musik (Orgel, weitere Instrumente, Chor) eröffnet. Dabei kann der Einzug der liturgisch Mitwirkenden erfolgen.

In Gottes Auftrag

L: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
G: Amen.

Mit diesem ersten im Gottesdienst gesprochenem Satz wird gesagt: Wir feiern diesen Gottesdienst im Auftrag Gottes. Alles, was von nun an gesagt, getan, gebetet, gesungen wird, geschieht nicht nach eigenem Gutdünken oder willkürlicher Laune, sondern vollzieht Gottes Willen.

Die Gemeinde antwortet mit Amen'. Das hebräische Wort heißt übersetzt: „Wahrlich" oder „so sei es". Damit stimmt sie den Worten des Liturgen zu.

Mit Gottes Hilfe

L: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
G: der Himmel und Erde gemacht hat.

Wer in den Gottesdienst geht, wird in irgendeiner Weise etwas von Gott erfahren wollen und erwarten, dass der Gottesdienst ihm entsprechende Erfahrungen vermittelt: Inneren Frieden etwa, Befreiung von drückenden Sorgen, neue Kraft für den Alltag oder den Mut, etwas zu ändern...

Gotteserfahrungen aber sind nicht „machbar", lassen sich nicht abrufen oder gleichsam aus dem Regal nehmen wie etwas, das wir im Supermarkt einkaufen. Insofern brauchen wir Gottes Hilfe, dass der Gottesdienst gelingt.

Im Namen des Dreieinigen Gottes feiern wir Gottesdienst. In diesem Namen aber wohnt auch die Hilfe, die uns zum Gelingen beisteht. Eine Kraft, die nicht geringer ist als die, durch die das All und die Erde und alles, was auf ihr lebt, geschaffen wurde. Eine schöpferische Kraft, die neues Leben schenkt,

Es folgt der liturgische Gruß, auf den wir noch zurückkommen werden, oder, wie in unserer Kirchengemeinde üblich, eine Begrüßung mit freien Worten, mit einer knapp gehaltenen Einführung in den Gottesdienst, der Verlesung des Wochenspruchs, der auf das Evangelium des Tages bezogen ist und das Thema des Gottesdienstes bestimmt

Vorbereitungsgebet

Hier kann ein Gebet zur Sammlung der Gemeinde vor Gott (Buß- oder Eingangsgebet) gesprochen werden.

Eingangslied

Die Gemeinde singt das Lied zum Eingang, zum Beispiel ein Psalmlied, ein Lied mit der Bitte um den Heiligen Geist, ein Lied nach der Kirchenjahreszeit oder der Tageszeit oder ein Lied zum Thema des Gottesdienstes (Wochenlied).

Gemeinsames Singen verbindet. Gottesdienst zu feiern ist eine gemeinsame Sache. Natürlich gibt es den Einwand: Die Texte der alten Kirchenlieder sind für den heutigen Menschen nicht mehr verständlich. Das ist nicht unberechtigt. Aber: Gerade die alten Kirchenlieder haben eine bildkräftige Sprache, die auf das Unbewusste einwirkt. Es ist nicht nötig, alles (mit dem Kopf) zu verstehen. Wer die alten Texte eher meditativ aufnimmt und auf sich wirken lässt, wird merken: In der Tiefe werde ich davon angerührt.

Das Eingangslied kann auch der Musik zum Eingang unmittelbar folgen.

Eingangspsalm (Introitus)

L: Lasst uns beten mit den Worten des Psalms...

Ein Psalm kann (im Wechsel) gesungen oder gesprochen werden. Soll der Psalm, wie in unserer Kirchengemeinde üblich, im Wechsel mit der Gemeinde gesprochen werden, dann wird der Betpsalter im Evangelischen Kirchengesangbuch, Nrn. 702 bis 760 benutzt.

Die Psalmen sind eine Sammlung von Gebeten aus den Gottesdiensten des Volkes Israel aus der Zeit vor Christi Geburt. Da sie damals häufig gesungen und von harfenähnlichen Musikinstrumenten begleitet wurden, kam es zu der Bezeichnung dieser Gebete als Psalmen. (Das griechische Wort „psallein" heißt: „Die Saite zupfen".) Aus den 150 Psalmen sind jedem Gottesdienst entsprechend seinem Thema, Verse zugeordnet.

Psalmen zu lesen und zu singen gehört bis heute zum Gottesdienst der jüdischen Gemeinde. Christen und Juden beten so mit gleichen Psalmworten und bringen Lob und Dank, Klage und Bitte vor Gott.

Ehre sei dem Vater (Gloria patri)

G: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Diese Formel ist schon in den Gottesdiensten der ersten nachchristlichen Jahrhunderte nachzuweisen. Mit ihr wird der dem alten Testament entnommene und somit der vorchristlichen Zeit entstammende Psalm in den Rahmen des christlichen Gottesdienstes eingefügt und als im Geiste Christi gebetet gekennzeichnet. Die Zeitangaben des zweiten Teils dieses Gesangs könnten so verstanden werden, dass dieser Lobgesang vom Anfang der Kirche (oder gar vom Anfang der Welt) an laut geworden ist und nicht verstummen wird bis an das Ende der Tage. Doch ist hier nicht nur die statische Aufzählung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gemeint, sondern mit „im Anfang" ist der schöpferische Vorsprung gemeint, der aller Zeit zugrunde liegt und in jedem Augenblick der Zeit als Ursache gegenwärtig bleibt, somit das „Jetzt" zum schöpferischen Moment werden lässt, der auf ein Ziel und seine Vollendung in der Zukunft voraus weist. Es handelt sich also um ein dynamisches Verständnis der Zeit. Der Lobpreis des Dreieinigen Gottes, „der im Anfang war" und in dem alles Geschehen sich vollenden wird, will hier und jetzt, an diesem Ort und in dieser Stunde aus dem Munde der hier versammelten Menschen laut werden.

Anrufungen

Zu den Anrufungen im Eingangsteil des Gottesdienstes gehören Kyrie, Gloria oder andere Bitt- und Lobgesänge.

Kyrie

L/K: Kyrie eleison
G/Ch: Herr erbarme dich
L/K: Christe eleison
G/Ch: Christus erbarme dich
L/K: Kyrie eleison
G/Ch: Herr erbarm dich über uns

Hierbei sind die deutschen Zeilen die Übersetzung der jeweils vorhergehenden griechischen Worte.

Diesen dreimaligen Bitt- und Huldigungsruf gab es bereits in vorchristlicher Zeit und er ist schon in den Gottesdiensten der ersten Christen gesungen worden. Damals stellte dieser Ruf eine Art Demonstration dar, die sich gegen die politische Macht jener Zeit, den römischen Kaiser, richtete. Der ließ sich als gottähnlicher Weltherrscher verehren. Wenn er bei einem seiner Eroberungskriege eine belagerte Stadt eingenommen hatte, zog er in diese mit einem Triumphzug ein, während die besiegte Bevölkerung ihm demütig mit „Kyrie eleison" – „Herr (gemeint war der Kaiser) erbarme dich unser“ huldigte.

Dieser politischen Unterwerfung gegenüber dem gottähnlichen Kaiser setzten die Christen in ihren Gottesdiensten das „Christe eleison" entgegen. Damit erklärten sie den auferstandenen Christus zum wahren Weltenherrscher, zum Herrn über Könige und Kaiser.

Gemäß der Verheißung Christi: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen", stellte man sich vor, dass mit Beginn des Gottesdienstes Christus geistig gegenwärtig ist und die versammelte Gemeinde ihm mit „Christe eleison" huldigt. Das gilt heute noch genauso. Wir feiern Gottesdienst im Vertrauen auf die Anwesenheit des Auferstandenen in Kraft und Gestalt des Heiligen Geistes.

Ehre sei Gott in der Höhe (Gloria in excelsis Deo)

L/K: Ehre sei Gott in der Höhe
G/Ch: und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen
G: Allein Gott in der Höh sei Ehr...

Das in eine Liedstrophe gefasste Engelslob finden Sie im Gesangbuch unter der Nummer 179.

Manch einem wird das Gloria und der Text dieser Liedstrophe an die Weihnachtsgeschichte erinnern. Da heißt es: „Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens" (Lukas 2,13 f). Wir können den Gottesdienst bei allen Mängeln und aller Begrenztheit durchaus als einen Aufschwung der Seele zum „Himmel" verstehen und erleben, indem wir in nichts Geringeres als in den Lobgesang der Engel einstimmen.

In besonders festlichen Gottesdiensten kann anstelle des Liedverses der Chor auch andere Lobgesänge anstimmen, etwa das Te deum laudamus (Nr. 191 im Gesangbuch oder in einer anderen mehrstimmigen Vertonung).

Das Gloria kann mit einem Vorspruch oder einer Gnadenzusage eingeleitet werden, wenn das Kyrie mit einem Vorspruch oder einem Bußgebet verbunden ist.

Das Gloria entfällt vom 2. bis 4. Advent, in der Passionszeit, an Werktagen und am Bußtag.

Tagesgebet (Kollektengebet)

L: Der Herr sei mit euch
G: und mit deinem Geist
L: Lasst uns beten...
G: Amen

Vor dem Gebet begrüßt der Liturg oder die Liturgin die Gemeinde noch einmal. Die Antwort der Versammelten könnte auch lauten: „Der Herr sei auch mit dir."

Warum an dieser Stelle eine Begrüßung, wo doch der Gottesdienst bereits seit einiger Zeit im Gange ist? Das hängt damit zusammen, dass der Pfarrer oder die Pfarrerin an dieser Stelle eine besondere Funktion wahrnimmt, nämlich stellvertretend für die ganze Gemeinde ein Gebet zu sprechen. Es ist ein kurzes Gebet, das das Beten der vielen Einzelnen, das sich in dem Eingangslied, dem Meditieren des Psalms, dem Kyrie-Ruf und dem Lobgesang vollzogen hatte, nun „einsammelt" und auf einen Punkt bringt: Das Thema des jeweiligen Gottesdienstes.

Die Lieder und der Psalm bieten eine Fülle von Bildern und Gedanken, die den Einzelnen ganz unterschiedlich ansprechen; der Bittruf um Gottes Erbarmen wird für diesen eine andere Aktualität haben als für jenen. Dies alles wird nun zusammengefasst und auf das Thema des Gottesdienstes konzentriert, welches in der folgenden Lesung des Bibeltextes zur Sprache kommt.

2. Wir hören und antworten

Der zweite Teil des Gottesdienstes ist leichter mit zu vollziehen, denn er weist eine klare Dialogstruktur auf. Die Gemeinde wird angesprochen und antwortet auf das Gehörte.

Wir hören einen Text aus der Heiligen Schrift und antworten mit dem gemeinsam gesprochenen Glaubensbekenntnis und einem Lied. Wir hören die Predigt und antworten darauf mit einem Lied. Wir hören die Abkündigungen, die mit einer Segensformel schließen und antworten darauf mit „Amen".

Das, womit die Gottesdienstteilnehmer angesprochen werden, gliedert sich dreifach:

  1. Worte der Heiligen Schrift,
  2. die Erklärung dieser Worte in Ihrer Bedeutung für den Glauben und das heutige Leben und
  3. Wichtiges aus dem Glauben und Leben der Gemeinde.

Die Reihenfolge hat folgenden Sinn: Wir suchen im Gottesdienst Stärkung unseres Glaubens. Dazu lesen und hören wir Texte der Bibel. Was wir da erfahren, müssen wir auch verstehen, um es dann leben zu können.

In diesem Teil des Gottesdienstes wirken an seiner Gestaltung auch Laien mit, vor allem bei Schriftlesungen, den Fürbitten und bei der Sammlung des Dankopfers.

Zur entfalteten Form gehören drei Lesungen (Altes Testament, Epistel, Evangelium). Der Predigttext tritt an die Stelle einer dieser Lesungen. In unserer Kirchengemeinde sieht die verkürzte Liturgie zwei Lesungen vor, das Evangelium und den Predigttext, wobei das Evangelium zugleich Predigttext sein kann. (Jährlicher Wechsel des Predigttextes nach dem liturgischen Kalender, vgl. Nr. 954 des Evangelischen Gesangbuches.)

Besuchen Sie andernorts einen Gottesdienst, in dem die Lesungen mit einem Text aus den Briefen der Apostel (Episteln) beginnen, folgt dieser Lesung ein liturgischer Gesang der Gemeinde, das dreimalige Halleluja („lobe den Herrn") verbunden mit einem Psalmvers und das Wochenlied. In einigen Gottesdiensten unserer Gemeinde folgt dem Tagesgebet (vgl. 3. Folge) das Wochenlied, in einigen Gottesdiensten schließt sich die Schriftlesung dem Tagesgebet unmittelbar an.

Evangelium

Lk/L: Das Evangelium des (Name des Tages) steht (geschrieben):...
Die Gemeinde antwortet mit einem Lobruf:
G (stehend): Ehre sei dir, o Herre
Lk/L: Lesung
(Die Lesung kann mit der feststehenden Wendung „Evangelium unseres Herrn Jesus Christus" beschlossen werden.)
Dem Evangelium folgt ein Lobpreis der Gemeinde:
G (stehend): Lob sei dir, o Christe
Nach dem Lobruf kann eine kurze Stille eintreten.

Glaubensbekenntnis (Credo)

Der Lesung des Evangeliums folgt das Glaubensbekenntnis, wenn es nicht, wie in den meisten Kirchen der Ökumene, nach der Predigt seinen Platz hat. Das Evangelische Gottesdienstbuch lässt beide Formen zu.

Lk/L: Lasst uns unseren Glauben bekennen: Ich glaube an Gott
zusammen mit der Gemeinde (stehend): den Vater, den Allmächtigen, ...

Mit diesen Worten beginnt das Apostolische Glaubensbekenntnis, das von den Gemeindegliedern, die regelmäßig mit uns Gottesdienst feiern, auswendig gesprochen wird. Wer es nicht mehr wörtlich aufsagen kann, findet es im Kirchengesangbuch unter der Nr. 804. An seine Stelle kann an besonderen Festtagen das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (das Nizänum) treten, das im Gesangbuch unter der Nr. 805 zu finden ist.

Bekennen heißt, zu jemandem stehen und das öffentlich kund zu tun. Zu Christus können wir uns auf vielfältige Weise bekennen. Im Gottesdienst tun wir das in der großen Gemeinschaft aller Christen mit den Worten eines dieser Glaubensbekenntnisse unserer Väter. Dabei denken wir an die Worte Jesu: „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater." (Matthäus 10, 32.)

Noch ein paar Sätze zum Glaubensbekenntnis: Einige unserer Leserinnen und Leser werden sich fragen, warum diese Artikelserie bei einer ausführlichen Beschreibung der Liturgie nur wenige Aussagen zum Glaubensbekenntnis enthält, das doch ein wichtiger Teil unseres Gottesdienstes ist. - Glaube ist eine ganz persönliche Sache. Erfreulicherweise kann heute niemandem mehr vorgeschrieben werden, was er zu glauben hat. Das Bekenntnis ist eine freie Entscheidung jedes einzelnen. Nur wenige Menschen interessieren sich noch für das traditionelle Glaubensbekenntnis. Viele nennen sich religiös, doch nicht christlich, viele christlich, doch nicht kirchlich. Im Gegensatz dazu steht, dass Auseinandersetzungen um einzelne traditionelle Glaubensaussagen auch über die Kirchenmauern hinaus Aufmerksamkeit erregen und zeigen, wie wenig „erledigt' die uralten Grundfragen des christlichen Glaubensbekenntnisses sind. Gestritten wird in aller Öffentlichkeit um das Verständnis von Schlüsselfragen gerade des traditionellen Credo, des „Apostolischen Glaubensbekenntnisses": „Geboren von der Jungfrau Maria. Hinab gestiegen in das Reich des Todes. Auferstanden von den Toten. Aufgefahren in den Himmel."

Viele Menschen unserer Zeit möchten gerne glauben, aber so wie man im Altertum, im Mittelalter oder in der Reformationszeit glaubte, können sie es nicht. Zuviel hat sich verändert in der Gesamtkonstellation unserer Zeit. Zu vieles im christlichen Glauben erscheint fremd. Andere Menschen wiederum brauchen Orientierung, Beständigkeit, etwas Festgeschriebenes, wonach sie sich richten können. Diesen wie auch denen, die immer wieder zweifeln und hinterfragen, sollten wir mit der gleichen Toleranz begegnen.

Nachdem wir die Problematik aufgezeigt haben, werden Sie verstehen, dass es zu weit führen würde, im Rahmen der Behandlung unseres Themas weiter auf das Glaubensbekenntnis einzugehen. Hier bieten sich eher Gesprächabendezu einzelnen Sätzen des Glaubenbekenntnisses in unserer Gemeinde an, wie wir sie schon einmal unter großem Zuspruch auch unserer katholischen Nachbarn hatten.

Doch zurück zum weiteren Verlauf des Gottesdienstes:

Das Glaubensbekenntnis kann auch vom Chor gesungen werden. Es kann auch als Gemeindelied ausgeführt werden (Nrn. 183 und 184 des Evangelischen Gesangbuches).

Vor der Predigt kann ein Lied (Liedstrophe, auch Wochenlied) gesungen werden, wenn kein Glaubenslied vorausging. An Stelle des Liedes kann auch ein Chorgesang vorgetragen werden.

Predigt

Kanzelgruß

P: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. G: Amen.
Die Grußformel wie auch der Kanzelsegen nach den Abkündigungen ist den apostolischen Briefen entnommen. Ist der Liturg/ die Liturgin zugleich Prediger / Predigerin, kann der Kanzelgruß entfallen.
P: Verlesung des Predigttextes, wenn dieser nicht schon als Lesung vorgetragen wurde. Diesem folgt die Predigt.

Während in der Schriftlesung Gott die Gemeinde unmittelbar durch sein Wort anspricht und an ihr handelt, ist die Predigt ausgelegtes, auf die konkrete Lebenssituation der Menschen sich beziehendes Wort Gottes. Sie ist unverzichtbarer Teil der Liturgie. Predigt und Liturgie können nicht voneinander getrennt oder gegeneinander ausgespielt werden, wie das im Laufe der Geschichte der Kirche immer wieder in der einen oder anderen Weise geschehen ist. Predigt und Liturgie in ihrer je eigenen Bedeutung und zugleich in ihrem Verhältnis zueinander zu verstehen, bewahrt beide vor einer Geringschätzung oder Überbewertung der einen auf Kosten der anderen.

Liegt der Schwerpunkt auf der Liturgie als heilsvermittelnder Opferhandlung oder aber als symbolhaft wirksamer Darstellung der Heilsgeschichte, wird die Predigt zum entbehrlichen Beiwerk und kann entfallen.

Eine isolierte Hochschätzung der Predigt als des eigentlichen und wesentlichen Inhalts des Gottesdienstes macht die Liturgie zur schmückenden Umrahmung der Predigt und daher auch zum entbehrlichen Beiwerk ohne Eigenbedeutung. Das führt zur Pädagogisierung des Gottesdienstes und lässt ihn mit der Predigt stehen und fallen. Entspricht die Predigt den auf sie gerichteten Erwartungen nicht, verlässt die Gemeinde den Gottesdienst unbefriedigt. Das hieße, das Handeln Gottes allein an die Predigt zu binden und ihr eine Verantwortung aufzubürden, der sie nicht gewachsen sein kann. Die Predigt als Teil der Liturgie verstehen, entlastet sie und lässt den Gottesdienst insgesamt Handeln Gottes an der Gemeinde sein.

Gebet

Die Predigt kann durch ein Gebet oder ein gemeinsames Schuldbekenntnis abgeschlossen werden.

G: Predigtlied
P: Abkündigungen (Nachrichten aus der Gemeinde)

Kanzelsegen

P: Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
G: Amen.
G: Lied (oder Chorgesang)

Dankopfer

Während dieses Liedes sammeln die mit den Kirchwart- und Lektorendiensten betrauten Gemeindeglieder in den Bankreihen das Dankopfer (die Kollekte) ein. Dieses Geld kommt einem bestimmten, zuvor bekannt gegebenen Zweck zugute, Die Körbe mit den Gaben werden nach dem Lied am Altar überreicht, und der Pfarrer oder die Pfarrerin spricht eine Dankes- und Segensformel.

Heilsnotwendig sind Gemeinschaft, Verkündigung, Sakrament und Gebet. „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten." (Apostelgeschichte 2,42). Daraus ergibt sich als Ausdruck der Hingabe das Dankopfer.

Es ist eine nicht unumstrittene Frage: Gehört Geld in den Gottesdienst und darüber hinaus auf den Altar? Der Gottesdienst soll mit unserem ganz normalen Leben zu tun haben. Und zum alltäglichen Leben gehört auch, dass wir mit Geld umgehen. Außerdem geht es darum, dass wir nicht nur mit guten Vorsätzen aus dem Gottesdienst nach Hause gehen, uns nach Möglichkeit für einen gerechten Ausgleich zwischen Armut und Wohlstand einzusetzen, sondern dass wir diesen guten Willen durch eine entsprechende Handlung unter Beweis stellen. Und diesen Ausgleich, regeln wir, wie im Alltag nicht anders, über das Geld. Es gibt keine Trennung zwischen unserer Lebenswirklichkeit und dem Heiligen.

Fürbittengebet

Im Dankopfer teilen wir etwas von unserem Besitz mit anderen Menschen, die nicht so viel haben wie wir. Auch im Fürbittengebet kommt die Not der Welt in den Blick. In mehreren Gebetsstufen, die jeweils durch das von allen gemeinsam gesprochene „Herr, erbarme dich„ abgeschlossen werden können, wird Gott gebeten, uns Menschen bei der Überwindung von Not und Elend zu helfen und eine gerechtere und friedlichere Weit zu schaffen.

Die einzelnen Fürbitten, die meist den Frieden in der Welt, die Einheit der Kirche, das Zusammenleben der Menschen in Familie und Gesellschaft, Gerechtigkeit für benachteiligte Völker und die persönlichen Nöte des Einzelnen zum Inhalt haben, sind recht allgemein formuliert, so dass jeder sich darin mit dem, woran er dabei konkret denkt, wiederfinden kann. Bei Naturkatastrophen, Hungersnöten, kriegerischen Auseinandersetzungen werden die Menschen, die dieses Leid gerade erfahren, besonders in das Gebet eingeschlossen.

Die Fürbitten können von einer oder mehreren Personen (Liturg/Liturgin, Lektor/Lektorin) im Wechsel gesprochen werden. Die Gemeinderufe, die die Anliegen aufnehmen, können auch gesungen werden.

Bei besonderen Anlässen kann die Litanei (Nr. 192 im Evangelischen Gesangbuch) gesungen oder gesprochen werden. Sie wird vom Liturgen / von der Liturgin mit einem Kollektengebet abgeschlossen, auf das die Gemeinde mit „Amen" antwortet.

Feiern wir einen Wortgottesdienst, schließt sich dem Fürbittengebet das gemeinsam gesprochene Vaterunser sowie der vierte Teil des Gottesdienstes „Sendung und Segen" an.

3. Wir danken und feiern

Der dritte Teil der Liturgie besteht aus der Feier des Heiligen Abendmahls. Elementarer Kern des Abendmahls sind die Einsetzungsworte und die Austeilung von Brot und Wein. Dieser Kern ist umschlossen von Gebeten sowie lobpreisenden Gemeindegesängen. Dazu kommen äußere Zeichen der Gemeinschaft (gegenseitiges Reichen der Hände, Friedensgruß) und der persönlichen Annahme des Sakraments.

Einzelne Elemente des Abendmahlsteils gehen auf jüdische und altkirchliche Feierformen zurück (Mahlgebete und Präfation, Sanctus und Agnus Dei). Da sie zur Abendmahlsliturgie der meisten christlichen Kirchen gehören, kommt in jeder Abendmahlsfeier die Verbindung mit der Kirche aller Zeiten zum Ausdruck. Deshalb sind die Texte in geprägter Sprachgestalt für das Abendmahl kennzeichnend.

Die dem Liturgen oder der Liturgin zugewiesenen Texte des Abendmahlsteils werden seit der Reformation in vielen Kirchen ganz oder teilweise im Sprechgesang ausgeführt. Auf diese Weise kommt der feierliche Charakter der ganzen Abendmahlshandlung (Eucharistie) besonders zum Ausdruck. In neuerer Zeit beteiligt sich die Gemeinde vermehrt durch besondere Akklamationen am Gebetsteil im Abendmahl.

In der evangelischen Kirche hat das Abendmahl in den letzten Jahrzehnten neu an Bedeutung gewonnen. In vielen Gemeinden wird es häufiger als früher gefeiert und es nehmen mehr Gemeindeglieder daran teil.

Feiern wir einen Abendmahlsgottesdienst, singt die Gemeinde nach dem Kanzelsegen (vgl. 5. Folge) ein Abendmahlslied (Nrn. 213 ff im Evangelischen Gesangbuch). Die Fürbitten können dann auch mit dem Dankgebet nach dem Abendmahl verbunden werden.

Vorbereitung

Brot und Wein werden für die Mahlfeier bereitgestellt oder herbeigebracht. Zur Bereitstellung der Abendmahlsgaben kann ein Gebet gesprochen werden.

Einsetzungsworte mit großem Lobgebet (Eucharistiegebet)

In der Evangelischen Kirche wenig bekannt ist die Bezeichnung „Eucharistie" für die Feier des Abendmahls. Das Wort Eucharistie kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie Danksagung. Eine schöne Vorstellung: Die Feier des Abendmahls nicht mit „steifem Ernst" zu begehen, sondern in fröhlicher Dankbarkeit zu feiern - ein Dankfest für unsere Befreiung aus der Knechtschaft der Angst durch Gottes Liebe, die sich in Christus uns hingegeben hat.

Lobgebet (Präfation)

Das Lob- und Dankgebet, das in seiner Ausführung einen deutlichen Höhepunkt im gesamten Ablauf markiert, beginnt mit einem Dialog zwischen Pfarrer/Pfarrerin und Gemeinde:
L: Der Friede des Herrn sei mit euch. Erhebet eure Herzen
Die Gemeinde steht auf und antwortet:
G:Wir erheben sie zum Herrn.
Es folgt die Aufforderung, die Eucharistie zu feiern:
L: Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserm Gott.
Und die Gemeinde bestätigt, dass sie dazu bereit ist:
G: Das ist würdig und recht.
Es folgt das Lob- und Dankgebet, das in seinem Inhalt wieder das Thema des Gottesdienstes an dem jeweiligen Sonn- oder Festtag aufgreift. Die Präfation für den Tag der Einsetzung des Heiligen Abendmahls, den Gründonnerstag, hat nach dem Gottesdienstbuch folgenden Wortlaut:

„Wahrhaft würdig ist es und recht, dass wir dich, Herr, heiliger Vater, ewiger Gott, immer und überall loben und dir danken durch unsern Herrn Jesus Christus. Er ist das Brot des Lebens und hat uns sein Mahl gestiftet als Siegel des neuen und ewigen Bundes.
Durch ihn preisen die Engel deine Herrlichkeit, durch ihn rühmt und lobt dich die ganze Schöpfung, alle himmlischen Mächte und alle Erlösten singen dir mit einhelligem Jubel. Mit ihnen vereinen auch wir unsere Stimmen und lobsingen dir voll Freude:"

Die Gemeinde nimmt das Gotteslob der Präfation mit dem Sanctus auf:

Dreimalheilig (Sanctus)

G: Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herre Zebaoth, voll sind Himmel und Erde seiner Herrlichkeit. Hosianna in der Höhe. Gelobet sei der da kommt im Namen des Herrn.
Hosianna in der Höhe.

Kenner der Bibel werden unschwer erkennen, dass es sich dabei um zwei Bibelzitate handelt, die in diesem Gesang aneinandergefügt worden sind. Der erste Teil entstammt der Geschichte von der Berufung des Propheten Jesaja und gibt den Gesang der Engel wieder, den Jesaja nach der Überlieferung dabei vernommen hat (Jes. 6,3). Der zweite Teil, der mit „Hosianna" beginnt (übersetzt bedeutet das hebräische Wort: Hilf doch!), entstammt dem Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem (Matthäus 21, 1-10), bei dem die Menschen ihn als den von Gott erwählten König und Friedensbringer begrüßten.

Als Teil der Abendmahlsfeier deuten diese beiden Verse an, als was wir das folgende Geschehen betrachten dürfen: Als einen „Aufschwung in den Himmel" zu den Engeln Gottes, so dass uns das Essen des geheiligten Brotes und das Trinken des Weines zum Zeichen für das „zu Tisch sitzen mit Christus im Reich Gottes" zu werden vermag (Lukas 13,29); des weiteren, dass „in und mit Brot und Wein" (Martin Luther) „Christus selber zu uns und in uns hineinkommt, um in uns Frieden zu stiften“.

Der Vollzug dieses Lobgesanges richtet also die Feiernden innerlich zum Empfang des Heiligen Abendmahls im rechten Glauben aus.

Dem Sanctus schließt sich ein Abendmahlsgebet nach dem Gottesdienstbuch an. Der Liturg / die Liturgin kann auch mit anderen Gebetsworten zu den Einsetzungsworten überleiten.

Einsetzungsworte

L: Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und gab's seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset. Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus, dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, sooft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis.
Zu Brot- und Kelchwort kann ein Kreuzzeichen über den Gaben hinzugefügt werden. Danach können die Gaben emporgehoben werden (Elevation).

Der Wortlaut der Einsetzungsworte ist auf keine einzelne der neutestamentlichen Überlieferungen fixiert. Schon die frühesten Liturgien wichen davon ab und beruhten vielleicht auf einer mündlichen Tradition, die in urchristliche Zeit zurück reicht. Luther hat in seiner Deutschen Messe einen Mischtext aus den vier biblischen Textfassungen seiner Übersetzung gebildet.

Es sind die Worte, mit denen Jesus Christus vor seinem Sterben Brot und Wein nahm und zu Zeichen seiner Liebe machte: Er „setzte“ Brot und Wein an der Stelle „ein", wo mit seinem Sterben er selbst fehlen würde. „Esst und trinket das zu meinem Gedächtnis", das heißt, um mich, meine Liebe, Gottes Nähe und Geist zu verinnerlichen.

Diese Verinnerlichung Christi mit „Leib und Blut" will als Ausdruck der Liebe zu Christus verstanden werden. Der Vergleich mit einer Redewendung macht das deutlich: „Sich mit Leib und Seele verbunden fühlen"; tatsächlich bedeutete zur Zeit Jesu „Blut" ungefähr das, was wir heute mit „Seele" bezeichnen.

Wenn der Pfarrer oder die Pfarrerin diese Worte Jesu zitiert, hat der Verlauf des Gottesdienstes seinen Höhepunkt an geistiger Intensität und Transparenz erreicht.

Die Gemeinde kann auf die Einsetzungsworte mit einem Christuslob (Nr. 189 im Evangelischen Gesangbuch) antworten.

Der Liturg/ die Liturgin kann das große Lobgebet mit einem weiteren Gebetsteil fortführen, den die Gemeinde mit „Amen" beantwortet.

In unserer Kirchengemeinde folgt den Einsetzungsworten unmittelbar das Vaterunser.

Vaterunser

L: Vater unser
Alle: im Himmel, geheiligt werde dein Name...

Die geistig-seelische Begegnung mit Gott in Christus durch den Glauben, findet ihren stärksten symbolischen Ausdruck in der Feier des Heiligen Abendmahls. So hat nach den Einsetzungsworten auch das Gebet seinen Platz, das alles christliche Beten in sieben Bitten einschießt, das Vaterunser. Denn Jesus, auf den dieses Gebet unmittelbar zurückgeht, sagte zu der Frage, wie man denn beten solle: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die, die meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen". Auf das Wesentliche kommt es also in der Gottesbegegnung an: Dass der Name Gottes geheiligt werden möge, dass seine Herrschaft anbreche, dass sein Wille überall geschehe; dass wir von ihm unser tägliches Auskommen erhalten, er uns unsere Schuld vergebe, im gleichen Maße wie wir denen vergeben, die in unserer Schuld stehen; dass er uns aus der Versuchung herausführe und von allem Bösen in unseren Herzen befreie.- Mehr Wünsche bleiben nicht übrig, wenn sich einem Gottes Nähe erfüllt.

Während die Gemeinde im Gottesdienst das Vaterunser betet, läutet dazu eine Kirchenglocke. Das Läuten soll die Menschen auffordern, zuhause oder draußen innezuhalten und still mitzubeten.

Dem Vaterunser kann sich ein Friedensgruß anschließen. Der Friedensgruß bietet eine gute Möglichkeit, die Gemeinde durch eine Geste zu beteiligen, zumal diese Handlung eine Gemeinschaft stiftende Funktion hat.

L: Der Friede des Herrn sei mit euch allen.
G: Friede sei mit dir.
L: Gebt einander ein Zeichen des Friedens und der Gemeinschaft.
G: Friedensbezeugung in Wort und Geste.

Lamm Gottes (Agnus Dei)

Dem Vaterunser oder dem Friedensgruß folgt ein gemeinsam gesungenes Lied, dessen Text lautet: „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser'. Diese Worte werden noch zweimal wiederholt, wobei es am Schluss abweichend heißt: Gib uns deinen Frieden„. Im Gesangbuch finden wir diesen liturgischen Gesang unter der Nummer 190.2.

Der Text bezieht sich auf eine Stelle im Johannes-Evangelium (Kapitel 1, Vers 29), wo Johannes der Täufer Jesu Kommen sieht und sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!" Prophetisch schaut Johannes voraus auf den Tod Jesu am Kreuz, der Strafe für Schwerverbrecher, obwohl Jesus ohne Schuld sein wird - so unschuldig wie ein Lamm, das als Opfertier geschlachtet wird und sein Blut vergießt. So hebt dieser Gesang noch einmal jene der Einsetzungsworte des Abendmahls hervor, die lauteten: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden."

Auf dem berühmten Isenheimer Altarbild hat Matthias Grünewald Johannes den Täufer dargestellt mit einem überlangen Zeigefinger, der auf Jesus weist. Damit hat er das „Siehe, das ist Gottes Lamm" wortlos in Szene gesetzt. Das „Christe du Lamm Gottes" an dieser Stelle im Ablauf des Gottesdienstes entspricht einem solchen Zeigefinger. „Siehe, dort - und nur dort allein - finden wir unser Heil."

Das Agnus Dei ist ein Erbe aus der syrisch-orientalischen Kirche und wurde im 7. Jahrhundert als Gesang zum Brotbrechen in die lateinische Abendmahlsliturgie eingefügt. Seit der angstvollen Zeit der ersten Jahrtausendwende wurde die letzte Anrufung mit der Friedensbitte abgeschlossen.

Austeilung

L: Kommt, es ist alles bereit. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist.

Die einladenden Worte des Pfarrers oder der Pfarrerin bedeuten: Man kann, aber man muss nicht das Abendmahl empfangen. Die evangelischen Kirchen kennen keinen Zwang zur Kommunion. Wer nicht teilnehmen möchte, kann sitzen bleiben, um still nachzudenken oder zu beten - ganz so, wie es für jeden angemessen ist.

Zur Kommunion am Altar verlassen wir unseren Platz und begeben uns nach vorn. Der Empfang in Gruppen, die vor dem Altar einen Halbkreis bilden, betont die im Abendmahl gestiftete und immer wieder neu bestärkte Gemeinschaft unter den Kommunikanten. Es ist die Regelform der Austeilung. Tischabendmahl, Bankkommunion und Wandelkommunion sind die Ausnahmen.

Der Liturg / die Liturgin teilt Brot und Wein aus. Dabei können Helfer / Helferinnen beteiligt werden. Während der Austeilung kann Orgel- oder Chormusik erklingen, es kann auch eine Zeit der Stille eintreten. Neben anderen werden folgende Spendeworte gebraucht:
„Christi Leib, für dich gegeben."
„Christi Blut, für dich vergossen."
Der Kommunikant / die Kommunikantin antwortet jeweils mit „Amen".

Weithin üblich ist die „Handkommunion". Die Hostie wird dabei dem Abendmahlsgast in die linke Hand gelegt, die gleichsam den Thron Christi bildet, und sodann zum Mund geführt und verzehrt.

Unter dem Druck hygienischer Bedenken sind einzelne Kommunikanten und Kommunikantinnen zur Praxis der Intinctio, dem Eintauchen der Hostie in den Kelch übergegangen. Diese Form des Kommunizierens sollte jedoch die Ausnahme und nicht die Regel sein. Deutliches Zeichen der Gemeinschaft ist immer noch das gemeinsame Trinken aus einem Kelch, der nach Empfang der Hostie gereicht wird. Wo Bedenken gegen den Gemeinschaftskelch nicht auszuräumen sind, kann notfalls die Kommunion in einer Gestalt empfohlen werden, denn auch auf diese Weise empfängt der Christ die volle Gemeinschaft mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn.

Nach dem Genuss von Brot und Wein reichen wir zum Zeichen der Gemeinschaft die Hände und vergewissern uns des Zuspruchs des Friedens Christi.

Dankgebet

Das Dankgebet kann wie folgt eingeleitet werden:
L: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich. Halleluja.
G: Und seine Güte währet ewig. Halleluja
L: Lasst uns beten:...
G: Amen.

4. Sendung und Segen

Der Übergang in den Gottesdienst des Alltags, in den wir uns senden lassen und für den wir gesegnet werden, bildet den letzten Teil der Liturgie.

Nach einem Lied kann vor dem festgeprägten Segenswort ein besonderes Sendungswort (Wochenspruch, Kurzform des Predigtzuspruchs o.ä.) als Geleitwort für die Woche gesagt werden.

Segen

L: Gehet hin im Frieden des Herrn
G (stehend): Gott sei Lob und Dank.
Oder: Gott sei ewig Dank.
Daraufhin erhebt der Pfarrer oder die Pfarrerin die Arme und deutet eine Geste an, als würde er oder sie den Gemeindegliedern segnend die Hände auflegen. Die Segensworte lauten:

„Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden."

(Aaronitischer Segen nach Numeri 6, 24-26. An seine Stelle kann nach der erneuerten Agende auch der trinitarische Segen treten.)

Die Gemeinde antwortet darauf mit einem dreimaligen „Amen", dem Urwort des Glaubens und der Zuversicht auf Gottes Wirklichkeit: Ja, so soll es sein.

Orgelnachspiel

Zum Ausklang wird das Orgelnachspiel sitzend angehört.

Wir hoffen, die Lektüre dieser Ausführungen hat Ihnen Spaß gemacht. Bleibt nur noch zu sagen: Auf Wiedersehen beim nächsten Gottesdienst!

Ihre Gemeindebriefredaktion